Ein Fest für alle Kulturen
Weihnachten gibt es auf dem gesamten Globus. Doch durch unterschiedliche Bräuche und Kulturen wird das Fest entsprechend unterschiedlich gefeiert. Während auf der Nordhalbkugel Kerzen gegen frühe Dunkelheit leuchten, feiern Familien in Neuseeland am Strand. Manche Gemeinden rollen in aller Frühe auf Rollschuhen zur Messe, anderswo „füttert“ man einen Holzklotz, der am Heiligabend kleine Geschenke „ausspuckt“, oder man zieht mit einer dekorierten Pferdeschädel-Maske singend durch die Straßen. Zwischen Krampusumzügen, Lotterie-Fieber und Riesen-Strohziegen zeigt sich: Das Fest wird global gefeiert. Und jede Kultur hat ihre ganz eigenen Bräuche.
Wer bringt die Geschenke?
Niederlande: Sinterklaas & „Pakjesavond“ (5. Dezember)In den Niederlanden wird wohl am frühesten Weihnachten gefeiert. Dort kommt der Sinterklaas, der Weihnachtsmann, bereits am 5. Dezember. Dann stellen Kinder ihre Schuhe bereit, oft mit einer Zeichnung oder einer Möhre fürs Pferd, und finden am Morgen kleine Gaben. Höhepunkt ist der „Pakjesavond“: Geschenke kommen mit spaßigen Reimen und oft als kreative „Überraschungen“. Warum es bereits am 5. Dezember gefeiert wird, liegt an der Verwurzelung des Namenstags des heiligen Nikolaus am 6. Dezember.
In Spanien ist die Bescherung hingegen einen ganzen Monat später. Dort ist der 6. Januar für Kinder der große Geschenktag. Am Vorabend ziehen landesweit prächtige Umzüge, sogenannte „Cabalgatas“, durch die Städte. Am Morgen danach liegen die Geschenke bereit. Der Tag schließt die Weihnachtszeit ab und ist auch bekannt als Epiphaniasfest, in westlicher Tradition das Fest der Ankunft der Heiligen Drei Könige beim Christkind.
Auch in Mexiko bringen traditionell die Drei Könige, die Reyes Magos, am 6. Januar die Geschenke. Ähnlich dem Weihnachtsmann in Europa und den USA schreiben die Kinder in Mexiko ebenfalls Wunschzettel, in diesem Fall aber an das Trio und nicht an den Weihnachtsmann selbst. Beim Fest darf dann die „Rosca de Reyes“ nicht fehlen, ein ovaler Kranzkuchen mit einer versteckten Figur. Wer diese Figur am Ende findet, lädt am 2. Februar, dem „Día de la Candelaria“ (Lichtmess) zu Tamales, Maisklöße, ein.
Die Befana ist eine alte und nicht schön anzusehende Frau, ähnlich einer Hexe. Diese fliegt in der Nacht vom 5. Auf den 6. Januar auf ihrem Besen durchs Land und füllt Strümpfe mit Süßem und kleinen Geschenken. Kinder, die nicht brav waren, bekommen hingegen Kohle, wobei dies inzwischen ebenfalls eine sehr schmackhafte Süßigkeit ist. Besonders berühmt ist das Befana-Festival in Urbania, welches vom 3. bis 6. Januar stattfindet. Mit XXL-Strümpfen und Straßenfest.
In Island kommen die 13 Weihnachtsgesellen, welche die Söhne eines weiblichen Trolls und ihres gutmütigen Ehemannes sind, nacheinander aus dem Gebirge und legen Geschenke in die Schuhe. Jeden Tag bis Weihnachten kommt ein anderer Troll. Brave Kinder freuen sich über kleine Gaben, unartige über eine Kartoffel. Zur Folklore gehört auch die „Jólakötturinn“, die Weihnachtskatze, die als riesige Katzenfigur in Reykjavík sogar als leuchtende Statue erscheint. Auch die Katze hat ihren Ursprung in der Trollgeschichte, gehört sie doch dem Haushalt der Trollfamilie an.
Die Krampusnacht, ein alter heidnischer Brauch, ist das Gegenstück zum Nikolaustag und findet am 5. Dezember statt. Dabei ist der Krampus das hässliche Gegenstück zum Nikolaus. Aus der heidnischen Geschichte heraus ist der Vater von Krampus der nordische Unterweltgott Hel. Diesem sollen die besonders frechen Kinder von Krampus gebracht werden. Vor allem in Süddeutschland, Österreich, Südtirol, Liechtenstein, Ungarn und Tschechien wird der Brauch gefeiert. Furchteinflößende, gehörnte Gestalten ziehen durch die Straßen, die dem Krampus nachempfunden sind. Krampusläufe mit aufwendig geschnitzten Masken sind vor allem in ländlichen Regionen lebendig.
Diese unheimliche Tradition aus Wales beschreibt eine weiße Pferdefigur, deren Augen aus Lichtern oder Kugeln bestehen. Die Mähne wird aus bunten Luftschlangen oder auch Efeu gestaltet. Den Schädel, der auf einer Stange befestigt ist, trägt eine verhüllte Person unter weißem Stoff. Mit dem knochigen Kiefer schnappt die Figur gerne nach Zuschauern. Traditionell wird die Mari, wie die Figur genannt wird, zwischen Weihnachten und dem Datum der Heiligen Drei Könige am 6. Januar durch das Dorf geführt und zieht von Haus zu Haus. Wer ihr Einlass gewährt, soll im kommenden Jahr viel Glück haben.
Wann und wie gefeiert wird
In vielen Ländern Mittel- und Nordeuropas findet die Bescherung am 24. Dezember statt: nachmittags werden die Vorbereitungen getroffen, abends gibt es das Festessen. Dann werden die Geschenke geöffnet, oft gefolgt von der Christmette. In den USA und im Vereinigten Königreich ist dagegen der 25. Dezember der Hauptfeiertag: Die Geschenke werden am Morgen geöffnet, später folgt ein großes Familienessen. Aber regionale Ausnahmen und Familientraditionen gibt es natürlich überall.Die Tage vor Weihnachten sind in vielen Kulturen festlich strukturiert. In Teilen Lateinamerikas und Mexiko ziehen vom 16. bis 24. Dezember die „Posadas“, ein Fest, bei denen die Herbergssuche von Maria und Josef nachgespielt wird, mit Liedern und Laternen durch die Straßen. Auf den Philippinen besuchen Gläubige im gleichen Zeitraum die frühmorgendlichen Simbang-Gabi-Messen. Manche Länder setzen eigene Startzeichen für die Saison, etwa Kolumbien mit dem Tag der kleinen Lichter am 7. Dezember, wenn Hausfassaden, Plätze und Fenster mit Kerzen erleuchtet werden.
Kalenderunterschiede prägen zudem das Datum des eigentlichen Weihnachtsfestes: Viele orthodoxe Kirchen feiern Weihnachten nach julianischer Rechnung am 7. Januar. Die armenische Kirche begeht am 6. Januar zugleich Geburt und Erscheinung Christi. So entstehen weltweit leicht unterschiedliche Zeitfenster. Doch ob am 24. und 25. Dezember, 6. oder 7. Januar: Immer steht die Verbindung von Familie, Licht und Musik im Mittelpunkt.
Skurrile & liebenswerte Highlights
Manche Weihnachtsbräuche wirken wie aus einem Märchenbuch. Doch bringen sie daher auch eine ganze Menge Charme mit. In Venezuela etwa rollen Gläubige in der Adventszeit frühmorgens zur Messe auf Rollschuhen durch die Straßen. Dafür werden sogar ganze Straßenzüge gesperrt, damit die Gläubigen auch sicher auf der Straße sind. Woher der Brauch stammt, ist unbekannt, doch wird er bereits seit den 1950er Jahren praktiziert.Katalonien pflegt gleich zwei eigenwillige Traditionen: den Caga Tió, einen bemalten Holzklotz, der nach Tagen des „Fütterns“ an Heiligabend kleine Geschenke „ausspuckt“, und den Caganer, eine winzige, hockende Figur, die in vielen Krippen versteckt ist und mit augenzwinkerndem Realismus Glück für die Ernte symbolisiert.
Im Norden sorgt die riesige Strohziege von Gävle in Schweden jedes Jahr für Schlagzeilen – als überlebensgroßes Wahrzeichen, das leider immer wieder Ziel von Schabernack wird. In Tschechien schwimmt der Karpfen vor seinem Festauftritt traditionell in der heimischen Badewanne, während Finnlands Familien am Heiligabend die Weihnachtssauna zelebrieren: ein Moment der Ruhe, bevor es festlich wird. In Norwegen werden an Heiligabend die Besen versteckt. Damit keine Hexen und böse Geister durch die Nacht fliegen können.
Außerhalb Europas zeigen sich weitere Eigenheiten: In Japan gehören der knusprige KFC-Eimer und eine luftige Erdbeer-Sahne-Torte für viele zum Heiligabend. Der KFC-Brauch etablierte sich in den 70er Jahren und geht zurück auf eine erfolgreiche Werbekampagne. 1970 wurde das erste KFC-Restaurant in Japan eröffnet und da es in Japan keine gewachsene Tradition an Weihnachten gab, hatte KFC 1974 Slogan „Kentucky zu Weihnachten“ ersonnen. Seither hat sich dieser Brauch in Japan etablieren können.
In Äthiopien wird Weihnachten als Genna am 7. Januar gefeiert, oft mit einem hockeyähnlichen Stock-und-Ball-Spiel. Und in Australien oder Neuseeland heißt Weihnachten: Sommer, Strand und Grill. Passend dazu gibt es die „Carols by Candlelight“. Eine Tradition, geboren in Melbourne, bei der die Menschen unter warmem Nachthimmel gemeinsam Weihnachtslieder bei Kerzenschein singen.